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Von der Bohnenbrille zur Wunderbaum-Battle

Von der Bohnenbrille zur Wunderbaum-Battle

Selbstverständlich ist Nachhaltigkeit ein ernstes und ernst zu nehmendes Anliegen, nicht zuletzt der Redaktion dieses Newsletters. Ohne deutlich mehr Engagement in puncto Klimaschutz, Energiewende und Kreislaufwirtschaft oder zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Zulieferstaaten werden wir auch hierzulande wahrscheinlich bald unser blau-grünes Wunder erleben. Sicher, das Thema ist meist sperrig und des öfteren schwer zu erklären – das heißt aber nicht, dass man Nachhaltigkeit immer staubtrocken und bitterernst verkaufen muss.

Wie es unterhaltsam geht, macht gerade der Fachbetrieb Empen Optik mit seinen beiden Filialen in Friedrichshafen und Tettnang vor. Wie so manche Kollegen bekamen die Oberschwaben im Frühsommer dieses Jahres (Paket-)Post vom Tiroler Brillenmacher Rolf. Darin: kleine Einmachgläser mit den Samen der Kastor-Bohne (Ricinus communis). Aus dieser wegen ihres rasanten Wachstums (unter idealen Bedingungen können es in drei bis vier Monaten bis zu sechs Meter sein) auch „Wunderbaum“ genannten Pflanze stellen die Rolf-Brüder Bernhard und Roland ihre neue Substance-Kollektion her, deren Modelle komplett recycelbar sind. „Bohnenbrillen“ heißen sie inzwischen im Fachjargon, und das Unternehmen hatte die Samen den Partneroptikern eigentlich nur als Anschauungsmaterial zukommen lassen.

Um ihren Kunden diese – für sich allein genommen schon beeindruckende – Idee einer quasi nachwachsenden Brille plastisch vor Augen zu führen, dachten sich Inhaber Sven Empen und seine Mitarbeiter die „Wunderbaum-Battle“ aus: In einem öffentlich ausgetragenen Filial-Wettkampf wetteifern derzeit Friedrichshafen und Tettnang darum, welches Team die höchstwachsende Pflanze heranziehen kann. Wie es der Betrieb geschafft hat, zusätzlich noch sein reguläres Sponsoring im lokalen Sport in die Aktion zu integrieren, wie die Kunden und die Rolfs über den Wettkampf denken und wie überhaupt der aktuelle Zwischenstand ist, das alles erzählt Frank Zender nachfolgenden Interview.

„Team Tettnang hat das Problem, dass deren Pflanze gerade mehr in die Breite wächst“

Interview mit Frank Zender, Wunderbaum-Battle-Beauftragter bei Empen Optik


Von der Bohne zur Battle: Wer ist auf diese verrückte Idee gekommen?
Vor allem haben uns erst einmal die Brillen selbst inspiriert. Die sind echt hammergeil, bio, nachhaltig, recycelbar, die haben selbst mich schwer beeindruckt – und ich bin nicht soo leicht zu beeindrucken, weil ich auch schon einiges gesehen habe. Also Rolf hat mit den Substance-Modellen nicht umsonst gerade den Silmo d’Or gewonnen. Dann haben wir uns im nächsten Schritt über die Pflanzen schlau gemacht und gedacht: Mit diesem Mörderwachstum, da muss man doch irgendetwas anstellen können. Die Idee zur Battle ist letztlich aus dem Team gekommen, das ist ja oft so beim Brainstorming…

Und wie kam dann der Bundesliga-Volleyballer Lukas Maase ins Spiel?
Naja, irgendwie mussten die Pflanzen ja auch auf ein Ziel hinwachsen, und einfach nur zu sagen „zwei Meter“ war uns dann zu simpel. Und weil Empen Optik auch Förder-Partner beim VfB Friedrichshafen ist, haben wir uns da halt den Längsten ausgeguckt, das ist Lukas Maase mit 2,12 Meter Körpergröße. Den haben wir uns dann im Maßstab 1:1 auf das Battle-Banner gedruckt, das in den Filialen den Wettbewerb erklärt. Und so sind jetzt die 2,12 Meter das Maase aller Dinge!

Jetzt sind wir natürlich neugierig: Welche Filiale liegt denn aktuell gerade vorn?
Ja die Bäumchen sind beide so um die 1,75 Meter – wir haben sie hier in Friedrichshafen aber auf einem kleinen Podest stehen, da wirkt es wie 1,80 Meter. Und obwohl natürlich jeder Mitarbeiter „seiner“ Pflanze mindestens einmal täglich gut zuredet, muss man schon sagen, dass die in einem Geschäft nicht so die optimalen Bedingungen vorfinden wie in freier Wildbahn; also sechs Meter in drei Monaten, das ist im Innenraum natürlich nicht drin.
Das Team in Tettnang hat zudem das Problem, dass deren Pflanze aktuell mehr in die Breite wächst als in die Höhe. Bei denen sind ohnehin – das darf ich hier eigentlich gar nicht erzählen – gleich am Anfang von den drei gestarteten Pflanzen zwei eingegangen. In Friedrichshafen haben wir noch alle drei, außer der „offiziellen“ im Schaufenster noch zwei Reservepflanzen im Besprechungsraum. Die im Schaufenster fängt allerdings gerade an, Blüten zu bilden und wir haben jetzt Angst, dass das zu Lasten des Wachstums gehen könnte.

Kommen da nicht ständig Kunden mit guten Tipps um die Ecke?
Nein, das hält sich in Grenzen, viele interessieren sich zwar für die Bohne und die Brille, halten sich aber mit guten Ratschlägen zurück. Wir haben hier ja zum Glück auch einen Kollegen, der einen verhältnismäßig grünen Daumen hat. Dafür hat aber die Außendienstmitarbeiterin von Rolf Wind von dem Wettkampf bekommen und das auch gleich in deren Unternehmenszentrale gemeldet. Ein paar Tage später haben wir dann die Nachricht bekommen, dass die Rolfs dem Siegerteam eine Kiste feinen Wein aus ihrem Privatkeller spendieren; die können die Idee also auch nicht so schlecht gefunden haben.

Die Aktion mit der Bohnen-Brille ist natürlich ein famoser PR-Gag, passt aber trotzdem auch grundsätzlich gut zu Empen Optik, oder?
Ja, wir sind ein nachhaltig ausgerichtetes Unternehmen, das ist auch allen hier wichtig. Sven Empen hat das Geschäft in Tettnang vor elf Jahren nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip umbauen lassen, als erstes Augenoptik-Fachgeschäft in Deutschland. Cradle to Cradle bedeutet sinngemäß vom Ursprung zum Ursprung und hat als Ziel ein Produktionsdesign für Verbrauchs- und Gebrauchsgüter, das komplett abfallfreie Produkte ermöglicht, die entweder biologisch abbaubar sind oder vollständig wiederverwertet werden, um die Rohstoffe für neue Güter zu liefern. So wurden bei dem Umbau in Tettnang zum Beispiel Möbel aus Bambus verwendet, der wächst ja fast so schnell wie die Wunderbohne. Am Ende gab’s dafür sogar einen Umweltpreis vom Land Baden-Württemberg. Intern haben sich alle Mitarbeitenden zusammengesetzt und einen Leitfaden erstellt, der das Engagement für Nachhaltigkeit und Umweltschutz bei Empen für alle greifbar und nachvollziehbar macht. Und das wir das nun schon seit einigen Jahren erfolgreich umsetzen, zeigt doch, dass sich ein modernes Geschäftskonzept und Nachhaltigkeit nicht ausschließen!

(Foto: Emden Optik)

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